Naja, also: Ich hielt Weihnachten bislang für das historisch belegte Fest Christi Geburt...und glaubte an all die unvermeidlichen Zutaten einer richtig guten Geburtsgeschichte mit winterlichem Stall und Esel und Engeln ..bis ich erfahren musste, dass ein Papst im 4 Jahrhundert die Geburt Jesu auf den Geburtstag des römischen Sonnengottes Sol, die damalige kalendarische Wintersonnenwende gelegt hatte. Also nix mit historisch belegt, sondern eher mit symbolischer Bedeutung - für das Licht, das in die Welt kommt... das wahre Geburtsdatum sei nicht zweifelsfrei überliefert (eher im Sommer anzunehmen)...oder bin ich da wieder einer Geschichte aufgesessen?? Aber warum sollte ich unserem Pfarrer nicht glauben? Es geht also um Licht und Menschwerdung...alle lauschen andächtig, rascheln mit den Füßen und drängeln sich dann am Ausgang...bloß schnell ins warme Wohnzimmer, an den Tisch ...aufs Sofa.
Schon lange zu Hause, dachte ich darüber nach: hätte ich nicht aufstehen sollen um einen der hinten in der Kirche Stehenden meinen Platz anzubieten (ich bin meist sooo rechtzeitig da, dass ich einen Platz bekomme)...denn ich liebe es, einen guten Blick auf den Baum zu haben und während dieser heilige Stunde Weihnachtsgottesdienst auch sitzen zu können. Da war ich wohl kein "Licht" für andere...und sonst? Mit dem Blick aufs Jahr gibt es so einige Momente, wo ich wenig "Nächsten lieb" war - weil zu müde, zu genervt und einfach zu ungeduldig. Wenn Weihnachten mich und uns daran erinnern soll, dass es um etwas Größeres als meine Blaufichte und "was koche ich an den Feiertagen" geht, dann ist das schlicht und einfach: göttlich gut und (m)ein Licht im Alltagstrott.
Dieses Jahr steht keine "voll fette" Nordmann im Wohnzimmer sondern eine höchst pieksige Blaufichte, die dafür herrlich duftet und auch ein bisschen weniger normgerecht gewachsen ist ;)) Aber das erleichtert mein Nachdenken über den "Geist der Weihnacht" - der bestand irgendwie auch darin, dass ich mich mehr auf das gegenseitige Vorlesen einer vorher heimlich vorbereiteten Weihnachtsgeschichte gefreut habe, als auf das Geschenke auspacken.
Mit dem Morgenkaffee in der Hand habe ich dann wirklich mal sehr bewusst dem Weihnachtsoratorium gelauscht, meinen Baum huldvoll betrachtet und auch verstanden: es geht um das Anhalten und die Zeit, die man bewusst mit seinen Lieben und sich selbst verbringt - aussteigen aus dem Alltag um neu einsteigen zu können, mit dem Vorsatz: ein bisschen lichter für seine Mitmenschen zu sein: geduldiger mit Nörglern, nachsichtiger mit zu Langsamen und höflicher zu denen, die uns vermeintlich nur ärgern wollen...
Hab ich ihn denn nun gefunden? Den Geist der Weihnacht? Ich hab ja noch einen weiteren Tag und bin gespannt, was mir begegnet. In diesem Sinne wünsche ich Euch wundersame und friedliche Stunden - seid festlich und nett miteinander und lasst es Euch sooo richtig gut gehen: lange ausschlafen, Kaffee, den der Mann kocht, ein Blümchen, das unverhofft den Frühstückstisch ziert, das gute Geschirr, Kerzen, echtes Essen, berührende Gespräche, überraschende Weihnachtskarten von lieben Menschen, Bücher, Bücher, Bücher ;))) und Rotwein...
Frohe Weihnachten wünscht Euch